Briefpartnerschaft

(07.05.2013)

Briefe für Kaliningrad
Nach dem Freiwilligendienst regt Bad Iburgerin Briefpartnerschaft an


Maren Preuß (rechts) hat die Klasse 3b zu einer Brieffreundschaft mit Schülern in Kaliningrad angeregt. Foto: Frank Muscheid

fram BAD IBURG. „Mach das nicht!“ Solche und ähnliche Ratschläge hörte die Bad Iburgerin Maren Preuß (18) oft, selbst von einer zufälligen Mitfahrerin, als sie im August im Zug nach Kaliningrad saß. „Ich bin mit Bauchweh hingefahren“, sagt die Abiturientin, die bis dahin kein Wort Russisch sprach. „Aber ich bin herzlich aufgenommen worden.“
Heute will sie die sechs Monate in Kaliningrad, dem ehemaligen Königsberg, nicht missen. Dort hat sie für den internationalen Jugendfreiwilligendienst „kulturweit“ an der Schule „Maou Lyzeum Nr. 18“ ausgeholfen. „In den USA wäre es zu ähnlich zugewesen“, sagt sie. Ihr Resümee des Freiwilligendienstes von Deutscher UNESCO-Kommission und Auswärtigem Amt: „Es ist so eine tolle Chance!“
Ihre Gastmutter Larissa sprach nur Russisch und servierte der Vegetarierin zur Begrüßung ein üppiges Fleischmal, „weil sie mir etwas bieten wollte. Sie sagte immer: Du verhungerst doch.“ Das sei eine andere Kultur, Kaliningrad den Deutschen aber sehr zugeneigt – „schon ab der zweiten Klasse können die Schüler Deutsch lernen.“ So entstand die Idee zu ihrem von „kulturweit“ vorgesehenen Eigenprojekt, das sie neben Unterstützung beim „Deutschen Sprach-Diplom“, Referaten, Bildervorträgen oder Länderkunde in Klasse drei bis fünf anschob: eine Briefpartnerschaft zur Grundschule am Hagenberg in Bad Iburg.
„Das ist ein echter Schreibanlass und gelebter kultureller Austausch“, ist Lehrerin Ulla Böker-Kruse von der Idee begeistert, mit der Maren Preuß im November vor der Tür stand, weil sie gerade ihr Visum verlängerte. Nun hat die Klasse 3b die ersten Antworten verfasst. „Ich bin zuerst mit 23 Briefen hingefahren und habe 42 Briefe aus Russland mitgebracht“, sagt die Projektgründerin. „Eine Mutter hat sogar den Brief ihres kranken Kindes abgegeben, so wichtig ist ihnen das.“ Die Partnerschaft solle den sehr streng unterrichteten Kindern Einblicke in offenere Unterrichtsformen geben. Auch das Frauenbild sei in Kaliningrad sehr traditionell: „Ich bin oft nach Familie, Heiraten und Kinderbekommen gefragt worden – das ist für mich noch so weit entfernt.“
Die Iburger Grundschüler sind Feuer und Flamme. „Lada hat mir einen Bernstein geschenkt“, freut sich Henrike (9). Die Kaliningrader, die das Neujahrsfest mit Geschenken feiern, schickten „herzliche Glückwünsche“ zu Weihnachten und Ostern. Linus (8) hat sich mit Brieffreundin Katja über Hobbys ausgetauscht: „Ich spiele Fußball und Tennis. Sie tanzt.“ Und Clemens (9) freut sich, dass Briefpartnerin Anna „ganz toll malen kann“ – er bekam ein Osterhasen-Bild. Evelin (9) schreibt sich mit Xsenia: „Ich habe ihr meinen Namen auf Russisch geschrieben.“ Ihre Eltern kommen aus Kasachstan.
„Wenn Eltern aus Russland stammen oder der Großvater dort in Kriegsgefangenschaft war, haben die Kinder darüber geredet. Das ist total klasse“, sagt Maren Preuß, die die Briefe ihrer Gastmutter in Berlin übergibt, wo deren Tochter studiert und Maren ein Praktikum bei „youthinkgreen“ absolviert. über ihre Erlebnisse in Kaliningrad schreibt sie auf: www.kulturweit-blog.de/kaninchendraht.


Ausgabe vom 07.05.13